Hier die wichtigsten Infos zum Antrieb der F800GS und der F650GS:

Der aus den F 800 S/ST-Modellen bekannte Parallel-Twin bildet die Basis für den GS-Antrieb. Für den neuen Einsatzzweck wurde der Motor jedoch in etlichen Punkten modifiziert. Um lange Federwege bei gleichzeitig moderatem Radstand sowie eine ideale Gewichtsverteilung zu ermöglichen, sind die Zylinder nur noch um 8,3 statt wie bei der F 800 S/ST um 30 Grad nach vorn geneigt. Diese Lösung wurde durch eine Neukonstruktion der unteren Motorgehäusehälfte aus Aluminium-Druckguss möglich. Sie verfügt über Aufnahmepunkte für die Motorschutzplatte und bietet der Semi-Trockensumpfschmierung ideale Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus erhielt der Zylinderkopf Verstärkungen im Bereich der Rahmenanbindung vorne rechts. Der GS-Motor ist mit einem modifizierten Kupplungsdeckel versehen, der im Fußrastenbereich mehr Freiraum und mehr Platz für einen neuen Ölmessstab sowie eine geänderte Kupplungsausrückwelle schafft.

Schließlich wurden das Wasserpumpengehäuse und die Kühlschlauch-Anschlüsse an die neue Einbaulage des Motors angepasst. Nebeneffekt der Modifikationen: Der Motor ist ein Kilogramm leichter als das Aggregat der S/ST-Baureihe.

Wie das bekannte F 800-Triebwerk arbeitet der quer eingebaute Parallel-Twin mit gleichmäßiger Zündfolge (360° Zündversatz) ohne Hubzapfenversatz auf der Kurbelwelle. Da bei jeder Kurbelwellenumdrehung ein Arbeitstakt erfolgt, ergibt sich eine durchaus beabsichtigte Klangverwandtschaft zu den Boxer-Motoren, die mit identischem Zündversatz arbeiten. Vor allem aber bietet die gleichmäßige Zündfolge beste Voraussetzungen für einen ausgewogenen Ladungswechsel mit hoher Drehmomentausbeute.

Einzigartiger Massenausgleich.

Die Massenkräfte werden durch eine im Serien-Motorenbau einzigartige Ausgleichsmechanik getilgt. Statt über konventionelle Gegengewichtswellen erfolgt der Ausgleich der oszillierenden Massenkräfte durch ein mittig auf der Kurbelwelle geführtes Gelenksystem mit definiert angeordneten Gegengewichtsmassen: Ein zu den Hubzapfen um 180° versetzter Exzenter auf der Kurbelwelle trägt ein so genanntes Ausgleichspleuel. Dieses Pleuel ist an eine annähernd waagerecht angeordnete Ausgleichsschwinge angelenkt. Die Kinematik ist so ausgelegt, dass sich das Ausgleichspleuel gegenläufig zu den beiden Motorpleueln bewegt. Durch die Führung über die relativ lange Schwinge wird eine fast geradlinige Schwenkbewegung des Pleuelkopfes erreicht – genau genommen beschreibt das kleine Pleuelauge eine leicht

gekrümmte Bahn. Die Massenverteilung an Pleuelkopf und Schwinge ist so gewählt, dass die aus der Schwenkbewegung resultierenden Massenkräfte in jeder Kurbelwellenstellung den jeweiligen oszillierenden Massenkräften des Kurbeltriebs (Kolben und Pleuelanteil) entgegenwirken. Dadurch werden die Massenkräfte erster und zweiter Ordnung nahezu vollständig eliminiert und es wird ein vibrationsarmer Motorlauf erreicht.

Schmiersystem.

Der Ölkreislauf weist ebenfalls raffinierte Details auf. Um Panschverluste zu verhindern, wurde eine Semi-Trockensumpfschmierung konzipiert, die ohne separaten Motoröltank arbeitet. Aus den Hauptlagern austretender Schmierstoff sammelt sich in einem Schacht, in dem auch das Ausgleichssystem angeordnet ist und der zur eigentlichen Ölwanne hin abgedichtet ist. Motoröl in diesem Bereich wird ständig von einer Ölpumpe abgesaugt und in das Getriebegehäuse gefördert, bevor es von dort über Durchbrüche im Kurbelgehäuse drucklos in die Ölwanne läuft. Aus diesem Reservoir versorgt die Öldruckpumpe den Schmierölkreislauf.

Auf den Enduro-Einsatz abgestimmte Nockenwellen.

Die Zylinder der GS-Motoren sind mit einem Hightech-Zylinderkopf bestückt. Wie bei den neuen Motoren der K-Baureihe rotieren auch hier zwei obenliegende, von einer Zahnkette angetriebene Nockenwellen, die über Schlepphebel vier Ventile pro Zylinder steuern. In der F 800 GS arbeiten im Vergleich zu den S/ST-Modellen leicht modifizierte Nockenwellen, die dem Motor zu einer für Enduros idealen Kraftentfaltung verhelfen: drehmomentstark, gleichmäßig und gut kontrollierbar. Die Leistungsreduzierung der F 650 GS erfolgt über Nockenwellen mit anderen Nocken, die einen geringeren Hub bewirken und geänderten Steuerzeiten, die eine kürzere Ventilüberschneidung bedingen. Der Ventiltrieb via Schlepphebel arbeitet verschleißarm, weist nur geringe Reibungsverluste auf und ist besonders drehzahlfest. Eine Ventilspielkontrolle muss daher frühestens nach 20000 Kilometern erfolgen.

Steuerzeiten BMW F 800 GS BMW F 650 GS

Einlass öffnet 14° nach OT 28° nach OT

Einlass schließt 18° nach UT 4° nach UT

Auslass öffnet 18° nach UT 4° nach UT

Auslass schließt 14° vor OT 28° vor OT

Ventilhub 9,64 mm 7,2 mm

Gemischaufbereitung.

Weitere BMW typische Merkmale zeigt die Gemischaufbereitung, die über eine Saugrohreinspritzung mit BMS-KP-Motorsteuerung und zwei 46 Millimeter große Drosselklappen erfolgt. Die Einspritzmenge wird von der speziell abgestimmten Motorsteuerung nicht nur über die Einspritzdauer, sondern auch über den Druck bestimmt, den die Benzinpumpe je nach Leistungsanforderung bereitstellt. Das Kraftstoffsystem arbeitet ohne Rücklauf und fördert lediglich die Menge, die der Motor tatsächlich benötigt. Durch diese Strom sparende, patentgeschützte Fördermengenregelung kann der Kraftstoffdruck in einem weiten Bereich verändert werden, sodass eine stets optimale Gemischbildung erfolgt. Zur Bemessung der zugeführten Kraftstoffmenge wird neben den bekannten Parametern wie Last, Drehzahl und Temperatur auch der Restsauerstoffgehalt im Abgas herangezogen. Die entsprechenden Informationen liefert eine an der Krümmerzusammenführung posItionierte Lambdasonde. Unmittelbar dahinter folgt der serienmäßige Dreiwege-Katalysator, der sich nach dem Kaltstart rasch erwärmt und seine Konvertierungsarbeit somit schnell beginnen kann.

Die für die Gemischbildung notwendige Luft gelangt über hoch verlegte, im kühlen Luftstrom positionierte Ansaugschnorchel in den neuen Ansauggeräuschdämpfer. Die nicht nur für Geländefahrten günstige Anordnung weit über dem Motor und das drehmomentfördernde große Volumen wurde durch die Platzierung des Tanks unter die Sitzbank möglich. Während die Ansaugschnorchel der F 800 GS als Designelement sichtbar sind, liegen sie bei der F 650 GS verdeckt hinter der Frontverkleidung.

Abgasanlage.

Die völlig neue, gewichtsoptimierte Abgasanlage besteht komplett aus Edelstahl und bringt nur 8,5 Kilogramm auf die Waage. Die Kopplung der einwandigen Krümmeranlage mit dem Schalldämpfer erfolgt über eine Steckverbindung mit Spannfedern. Der Anbau eines Slip-on-Schalldämpfers ist daher einfach und kostengünstig möglich, zumal der Katalysator in die Krümmerrohre integriert ist. Der serienmäßige Endschalldämpfer ist als Zweikammerdämpfer in kombinierter Absorptions-/Reflexionsbauweise ausgeführt, bietet ein gasdurchströmtes Volumen von 8 Litern und ist auf der linken Fahrzeugseite halbhoch montiert. Die F 800 GS ist mit einem Sekundärluft-System ausgerüstet, das in Verbindung mit dem geregelten Katalysator den Schadstoffausstoß auf EU3 Anforderungen reduziert. Wegen der modifizierten Steuerzeiten und der damit verbundenen geringeren Rohemissionen konnte bei F 650 GS auf ein SL-System verzichtet werden. Ebenso drehfreudig wie drehmomentstark.

Nicht nur die moderne Einspritzanlage sorgt für ein spontanes Ansprechen des F 800 GS-Twins, auch seine geringe Schwungmasse trägt zur agilen Leistungsentfaltung bei. Schon im Drehzahlkeller dreht der mit einem Bohrung-Hubverhältnis von 82,0 zu 75,6 Millimeter nicht sonderlich kurzhubig ausgelegte Vierventiler schnell hoch und setzt im breiten Bereich zwischen 4 000 und 7500 min–1 gut 90 Prozent des Drehmoment-Maximums frei.

Zwischen 5000 und 8000 min–1 überzeugt der Motor durch eine dynamische Kraftentfaltung, die von einem einzigartigen Sound begleitet wird. Die nominellen Leistungsdaten des 798 cm3 großen Twins – 63 kW/85 PS bei 7500 min–1 und 83 Nm bei 5750 min–1 – spiegeln das in der Praxis nutzbare Potenzial daher nur sehr unvollständig wider.

In Kombination mit dem geringen Gesamtgewicht und dem eng gestuften Sechsgang-Getriebe gelingt der Spurt von 0–100 km/h in rund 4 Sekunden, das Spitzentempo beträgt über 200 km/h.

In dieser Disziplin steht die F 650 GS dem Schwestermodell kaum nach. Den Sprint von 0–100 km/h erledigt sie in weniger als 5 Sekunden und erreicht mit 185 km/h eine ebenfalls beachtliche Höchstgeschwindigkeit.

Doch nicht nur das Beschleunigungsvermögen der neuen GS-Modelle ist bemerkenswert, auch ihre Durchzugskraft beeindruckt. Denn ganz bewusst haben die BMW Entwicklungsingenieure ihr Hauptaugenmerk mehr auf Geschmeidigkeit und souveräne Kraftentfaltung im mittleren Drehzahlbereich als auf hohe Spitzenleistung gelegt. So wird der sportliche Fahrer von der Spurtfreudigkeit des Triebwerks begeistert sein, während der Tourenfahrer den durchzugsstarken Twin mit geringer Schaltarbeit genießen kann.

Dabei gelingt dem für den Enduro-Betrieb optimierten Parallel-Twin nicht nur der Spagat zwischen kräftigem Durchzug und dynamischem Sprintvermögen. Er beweist zudem, dass gute Fahrleistungen nicht mit einem hohen Kraftstoffverbrauch erkauft werden müssen. Im Landstraßenbetrieb ist ein Verbrauch von deutlich unter 5 Litern Superbenzin pro 100 Kilometer realisierbar. Auf Wunsch kann die F 800 GS auch für den Betrieb mit Normalbenzin vorbereitet werden, was allerdings zu einer Verminderung der Spitzenleistung um 1,5 kW/2 PS sowie zu einem geringfügig höheren Kraftstoffverbrauch führt. Die Anpassung erfolgt über einen Kennfeld-Abruf in der Steuerungssoftware, der sich jederzeit wieder aufheben lässt. Die F 650 GS ist ohnehin für den Betrieb mit bleifreiem Normalbenzin ausgelegt.

BMW Motorrad liefert ab Werk auch eine aufpreisfreie Drosselversion der F 650 GS mit 25 kW/34 PS bei 5 000 min–1 und 57 Newtonmetern bei 3 000 min–1, die sich speziell an Führerscheinneulinge mit Stufenführerschein richtet. Die Leistungsreduzierung erfolgt über eine geänderte Drosselklappe.

Das ausgefeilte Motorenkonzept zeigt weitere technische Finessen in der Peripherie. So sitzt die Wasserpumpe rechts am Zylinderkopf und wird von einem Zahnradsatz auf der Nockenwelle angetrieben. Durch die günstige Platzierung der Pumpe – direkt hinter dem Kühler mit integriertem Thermostat – sind nur kurze Schlauchverbindungen erforderlich. Der Motor wirkt deshalb sehr kompakt und aufgeräumt. Ein Öl-Wasser-Wärmetauscher neben dem gut zugänglichen Ölfilter sorgt dafür, dass sich das Triebwerk nach dem Kaltstart besonders schnell erwärmt. Zudem begrenzt der Wärmetauscher die Motoröltemperaturen.

Hinterradantrieb über robuste O-Ring-Kette.

Da geländetaugliche Motorräder häufig abseits befestigter Straßen eingesetzt werden, benötigen sie einen schmutzunempfindlichen Sekundärantrieb. Beide GS-Modelle verfügen daher über eine O-Ring-Kette mit einer Teilung von 5/8 x 5/16. Eine Kettengleitschiene schützt die Aluminium-Schwinge vor Beschädigung. Vier asymmetrische Antriebsdämpfer sorgen für eine Wegdämpfung des Kettenradträgers, der durch ein Rillenkugellager exakt auf der Steckachse geführt wird.

Während das Sechsgang-Getriebe aus den F 800 S/ST-Modellen stammt und nur die Getriebe-Ausgangswelle auf den Kettenantrieb abgestimmt werden musste, wurde die Endübersetzung bei beiden GS-Varianten geändert und modellspezifisch angepasst. So arbeitet die F 800 GS mit einer Übersetzung von 1:2,625 (16/42 Z), die F 650 GS ist im Verhältnis 1:2,412 (17/41 Z) übersetzt.


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